Donnerstag, 11. Oktober 2012

Über seinen Schatten springen.


So langsam packt mich doch ein bisschen die Wintermüdigkeit. Wenn ich in der Uni um 8 Uhr meine erste Vorlesung habe und um halb 8 aus dem Haus gehe, dämmert es gerade so und abends ist es schon um 19 Uhr dunkel. Und ich werde gar nicht mehr richtig wach, sondern bin ständig müde und würde am Liebsten die ganze Zeit nur im Bett liegen.
Das Einzige, was dann hilft, ist viel Kaffee und nette Gesellschaft.
Trotzdem ging das jetzt ganz schön schnell mit dem Herbst - bzw. fast kann man schon sagen Winter, denn laut einer finnischen Tageszeitung soll es nächste Woche schon das erste Mal schneien. Kalt genug dazu wäre es ja. Ich habe schon meinen Wintermantel an und bald kann man morgens auch schon Handschuhe vertragen.
Bäh! Ich möchte viel lieber noch ein paar sonnige, milde Herbsttage! Bisher hatten wir die Jahreszeiten nämlich im Schnelldurchlauf. Zuerst den Sommer, der etwa 4 Wochen ging, dann Herbst und jetzt wird es schon Winter. Und der dauert dann leider nicht nur ein paar Wochen, sondern schlimmstenfalls bis Anfang Mai, also ganze 8 Monate. Umso mehr hoffe ich, dass es die nächsten Wochen doch noch ein bisschen schön und vor allem sonnig wird. Daumen dürfen gerne gedrückt werden ;)

Die Uni heute war eigentlich richtig gut. In Organisational Communication hatte uns Gabhan den Auftrag gegeben ein Gedicht auszusuchen und mitzubringen und das sollten wir dann im Auditorium (dem größten Hörsaal der Uni) vortragen. Uns hat das natürlich richtig Angst gemacht, weil die Größenverhältnisse schon enorm sind.
Das Beste war aber, als Gabhan hereinkam und sagte, er habe die ganze Nacht nicht geschlafen, weil er so eine Angst davor hatte im Auditorium reden zu müssen. Und er ist der Lehrer!
Ich mag ihn einfach so gerne, gerade weil er solche Dinge ganz offen zugibt. Er meinte sogar, dass er sich manchmal vor den Unterrichtsstunden vor lauter Aufregung übergeben muss.
Mal ganz ehrlich, wer würde das schon offen zugeben? Und wer würde freiwillig Lehrer werden, wenn er so eine Angst hat vor Menschen zu reden?
Er hingegen hat sich diesen Beruf genau deshalb ausgesucht - um seine Angst loszuwerden. Und allein das finde ich schon wahnsinnig beeindruckend!
Außerdem finde ich es nach wie vor wirklich tröstend zu wissen, dass wir Studenten nicht die Einzigen sind, die vor Vorträgen und Präsentationen Angst haben, sondern dass es ihm da auch nicht anders geht.
Ich schätze diese Offenheit und ich glaube, dass uns das auch viel, viel mehr bringt, als andere, herkömmliche Unterrichtsmethoden.
Jedenfalls haben wir dann gemeinsam mit ihm im Auditorium verschiedene Übungen gemacht und gelernt, wie man richtig atmet, wie man seine Muskeln am besten lockert (weil sich bei Aufregung die Muskeln verkrampfen und man dann kaum noch atmen oder reden kann), wie man seine Stimme trainiert, wie man in der richtigen Lautstärke redet, wie man sich am Besten bewegt, wie man entspannter wird, etc.
Im Grunde fast ein bisschen wie Schauspieltraining.
Und am Ende haben wir sogar Gedichte vorgelesen und waren gar nicht mehr nervös!
Ich fand das wirklich richtig klasse und hatte selten bei einer Vorlesung so sehr das Gefühl, etwas Essentielles gelernt zu haben.
Ich wünschte, alle Vorlesungen wären so und ich wünschte, alle Lehrer wären so wie Gabhan!
Ich finde seine Vorlesungen teilweise wirklich fordernd und anspruchsvoll, eben weil man über seinen Schatten springen und Dinge tun muss, die einem Angst machen, aber genau das ist letztendlich das, was einen weiterbringt und wodurch man lernt.
Morgen folgt dann noch ein Vortrag in Business English und dann sind auch fast schon Ferien.

Die Pause habe ich heute mit ganz vielen verschiedenen Leuten verbracht, nämlich mit Ville, Ville Nr.2, Maria, Jessica, Vagner und Alisha und das war auch wieder sehr lustig.
Ich habe es schon mehrmals erwähnt, aber das ist genau das, was ich an unserem Jahrgang so mag - dass man mit jedem gut reden und zusammensitzen kann (siehe Foto oben).
Ich mag die Uni und mein Studium einfach unglaublich gerne :)

So, und nun folgt Bilderflut Teil 4: Immer noch Porvoo.



















[Copyright: Meergefluester.]

2 Kommentare:

Dany hat gesagt…

Also Porvoo ist ja wirklich ein sehr niedliches Städtchen :) So wie man sich eine typische finnische Kleinstadt vorstellt, mit den ganzen bunten Holzhäuschen! Sehr schöne Bilder und überhaupt hast du ja auch immer wieder viele schöne Erlebnisse und neue Eindrücke in der Uni und in der Freizeit, die dich sicherlich auch über den langen finnischen Winter trösten :)

Anonym hat gesagt…

Das Foto ganz oben sieht nach so viel Spaß aus! :) Und generell sind deine Fotos mal wieder wunderbar und so schön herbstlich <3

Ich finde es toll, dass euer Lehrer so offen ist und bewundernswert, dass er trotz seiner riesigen Angst Lehrer geworden ist! So kann er euch sicher am besten was beibringen, weil er eure Aufregung versteht und sie nicht als lächerlich abtut.

Ich hab dich sehr lieb und freu mich unglaublich auf deinen Brief :D <3